Heute erzählen wir euch die Geschichte rund um den neusten Ableger der weit über Hamburgs Grenzen hinaus bekannten Mutterland-Läden, die seit mehr als zehn Jahren zur Hansestadt gehören wie Franzbrötchen oder Alsterwasser: Das Cöllns war und ist Deutschlands ebenso berühmte wie geheimnisvolle Austernstube – ein gediegen verschwiegenes Lokal, in dessen Separees nicht nur Bismarck und Helmut Schmidt, sondern auch Stars wie Hans Albers und Hugh Grant feine Meeresfrüchte und gehobene deutsche Küche genossen und gern auch mal die Türen hinter sich schlossen. Seit rund zwei Jahren hat Mutterland- und Regional-Trend-Begründer Jan Schawe dem historischen Lokal im französischen Viertel neues Leben eingehaucht und kräftig entstaubt.
Das seit 1760 beinahe unberührt gebliebene Türen-Labyrinth wurde behutsam geöffnet und die unter Denkmalschutz stehenden 30.000 handbemalten Fliesen durch frisches Design mit nautischen Elementen und Art-Deko-Anklängen ergänzt. Wo zuvor in die Jahre gekommenes Inventar dominierte, ist Helligkeit und Gemütlichkeit eingezogen. Die wechselnde Mittags- und Abendkarte zieht abendliche City-Besucher ebenso an, wie Business Luncher. Sie alle schätzen die Ruhe und den Raum zur Entschleunigung, die von der zurückgesetzten Seitenstraße des Rathausmarkts ausgehen, sowie die Möglichkeit, sich bei Bedarf zu separieren.
Heute ist das Mutterland Cölln’s ein Zufluchtsort in der hektischen Innenstadt, dabei kaum touristisch, denn die Gäste kommen bewusst und gezielt. Und, das soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden: Das herrliche Gebäck aus der hauseigenen Backstube, das Anhänger aus den anderen Mutterländern kennen, findet auch hier seinen Platz – eine Theke im Vorraum bietet eine große Auswahl zum Mitnehmen. Wer bleiben will, findet auf der Karte natürlich Fisch und Austern – die 260-jährige Historie verpflichtet – aber ebenso kreative Neuinterpretationen norddeutscher Klassiker mit modernem Twist und überraschende Vorspeisen, die vom Küchenteam zubereitet werden.
„Wir haben immer ein Auge auf die Qualität der Zutaten. Bei uns kommen möglichst regionale oft auch biologische Lebensmittel von Lieferanten unseres Vertrauens auf den Teller.“
Jan Schawe, der eigentlich gar nicht vor hatte, sein kleines, aber feines Food-Imperium um ein Restaurant zu erweitern. „Ich habe mich einfach in die Location verliebt. So eine Hamburgensie mit Leben füllen zu dürfen, ist einfach spannend, für mich Ehre und Verpflichtung zugleich. Ich bin glücklich, wenn wir die Beständigkeit der Institution erhalten können“, sagt Schawe, der wohl auch in Butter gebratene Scholle, den Duft seiner Kindheit, in der Nase hatte, als er sich zu dem Wagnis entschied. „Ich erinnere mich noch genau daran, wie meine Mutter und meine Großmutter gebacken und gekocht haben. Die Emotionen und Liebe in Verbindung mit den sinnlichen Erfahrungen haben mich sicher in meine berufliche Begeisterung geschubst und das Fundament für mein Mutterland gelegt.“ Sein preisgekröntes Mutterland Design kommt im Cölln’s zurückgenommen zum Einsatz. Eine kleine Nische mit Best-of-Mutterland-Feinkost bietet aber dennoch die Möglichkeit, ein paar der Lieblings-Delikatessen zu shoppen.
Schawe, der im Mutterland-Headquarter in der Poststraße nur einen Steinwurf entfernt am Schreibtisch sitzt, isst selbst mindestens einmal in der Woche im Mutterland Cölln’s. „Dann bin ich immer gespannt, was wir neu auf der Karte haben. Wenn ich keinen Fisch möchte, bestelle ich gern das Schnitzel oder eine Portion Labskaus.“ Hin und wieder will Schawe aber auch außerhalb des Mutterland-Kosmos schlemmen: „Ich kann noch besser abschalten, wenn ich nichts beitragen und bekritteln darf.“ Zeit für ein richtiges Mittagessen jenseits von Laptop und Konferenzraum nimmt sich Schawe aber fast immer. „Ich finde eine bewusste Unterbrechung sehr wichtig.“ Schawe schätzt das Café Paris, das österreichisch deftige Tschebull und das Sala Thai – alles in Laufweite für den passionierten Flaneur.
Auf LunchNow setzt er seit der Cölln’s Eröffnung. „Um die Location wieder auf dem Radar der Hamburger zu verorten und auch junges Publikum mit unserem wechselnden Lunch zu begeistern, ist die App ein sehr gutes Tool“, so Schawe. Dem Mittagessen misst er eine zunehmende Relevanz zu: „In der stressigen und digitalen Arbeitswelt ist ein Tapetenwechsel und echte Nahrung sehr wertvoll. Ein gutes, frisch zubereitetes Essen ist gut für Körper und Geist.“ Wenn man den wandelnden Trend-Radar und Manufaktur-Spotter Schawe fragt, was er am meisten an seinem Beruf schätzt, muss er nicht lange überlegen: „Mit hochwertigen Lebensmitteln zu arbeiten, macht mir immer Spaß. Lebensmittel sind ein sehr emotionales Produkt und ich lerne so viele spannende Menschen kennen. Für mich ist es großartig, zu wissen, wo Öl oder Senf herkommen.“ Worauf der Foodie niemals verzichten wolle? „Ein richtig guter Kaffee ist meine Leidenschaft. Auch deutsches Brot, Hausmannskost und frisch gepresste Säfte sind mein Lebenselixier“, sagt Schawe.
Den Wandel in der Innenstadt verfolgt er mit Besorgnis und sieht speziell Gastronomen in der Verantwortung, für eine nachhaltige Belebung jenseits der großen Ketten zu sorgen: „Man merkt derzeit ein großes Kommen und Gehen. Der Druck durch die Onlineshops nimmt immer mehr zu. Da sind Lokale aller Art natürlich eine tolle Bereicherung. Es wird immer eine gute Sache bleiben, Menschen beim Essen zu treffen und wahrhaftig zu sehen, als nur in der Timeline von Instagram.“
Wahlhamburgerin und Vielschreiberin Maria liebt es zu essen, aber weniger zu kochen. Deshalb probiert sie sich seit jeher quer durch die Angebote der Gastronomie – egal ob zum Festklönen oder to go. Gern vegan oder vegetarisch. Ein gepflegtes Mittagessen ersetzt nicht nur Marias Frühstück, sondern ist auch der schönste Grund, um Zeit und Bildschirme aus den Augen zu verlieren.
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